Montag, 30. Mai 2011

Die eigene Kultur begraben...

Es geht heute nicht direkt um ein Spiel unserer Mannschaft. Zum letzten Spiel gegen St. Johann reichen leider nur ein paar wenige Worte. Tapfer aufgespielt, Wille gezeigt, doch offensiv einfach die Tore die zu machen waren nicht erzielt. Die Chancen die man hatte muss auch das jetztige "Material" an Spielern versenken. So schoss man hochverdient die Führung und nach den vielen vergebenen Chancen erzielten die Pongauer Gäste aus der ersten wirklich gefährlichen Chance das 1:1. Das erzählt schon die Geschichte dieses Spiels und eine Geschichte die wir diese Saison schon viel zu oft gehört haben. Intressanter und wichtiger war hingegen die Message die bei diesem Spiel aus dem Fanblock der Osttribühne kam. Im Layout vom Originalen "Germany's next Top Model by Heidi Klum" zeigten wir zuerst ein Spruchband mit der Aufschrift "Fa(shio)n TV proudly presents", zum Einlauf wurde die quasi mit dem Original idente Fahne mit dem Text "Bregenz Next Top Obmann by Szene Bregenz" präsentiert. Nach dem stylischen Auftritt der Fans hinter dem Banner noch das ergänzende Spruchband "Jetzt seid ihr am Zug". Vor der Sommerpause eine weitere Aktion, die unseren, seit über 250 Tagen führungslosen Verein und seinen Vorstand wachrütterln sollen.

Nun zur heutigen Partie gegen die Amateure von Wacker Innsbruck. 8 Spiele in Folge ungeschlagen, das klingt gut, das macht Lust auf mehr und das macht Hoffnung auf die nächste Saison. Doch allein schon nach dem nicht ganz zufriedenstellenden Heimabschluss mit einem weiteren ernüchternden Unentschieden blieb eine gewisse Leere. Zum Schluss geht es noch 2 mal nach Innsbruck und nach dem letzten Spiel gegen den Antiklub Union in der Tiroler Landeshauptstadt hatte man auch Hoffnung auf einen erneuten Erfolg und den erreichbaren 7. Tabellenplatz. Erste positive Erscheinung waren die Eintrittspreise. Von Wucher in der letzten Saison mit über 10 Euro zahlte man am Eingang mit 7 Euro Vollpreis einen normalen Eintritt. Vielleicht waren die durchschnittlich 50 Zuschauer im letzten Jahr auch ein Grund zu diesem Schritt. Der Vorplatz der Tivoli's selbst, mit einer 4 stufigen Tribühne mit Dach weiss zu gefallen, der Naturrasen trotz Hitzeperiode in den letzten Wochen in tadellosem Zustand (Union Platzwart bitte mal zur Nachhilfe bei Wacker schicken!) Das Spiel selbst lief an wie die letzten Auftritte. Hinten solide, man lässt keine großen Chancen zu und spielt selbst kontrolliert und schnell nach vorne wenn man die Chance bekommt, und die Chancen waren da. Predi wenn man ihn brauchte war zur Stelle (vorallem beim zurecht gegebenen Foul Elfmeter) und vorne war diesmal die von Anfang an spielende Doppelspitze Plattner, Yilmaz eiskalt. Insgesamt eine tolle, geschlossene Mannschaftsleistung. Der Schiedsrichter wenig aufgefallen, wenn dann mit etwas verwirrenden Entscheidungen auf beiden Seiten auch ok. Man kann sich auf das letzte Spiel in der Reichenau in Innsbruck freuen.

Nun aber zum Thema dieses Eintrags und auch zum Auslöser um dieses Thema diesmal noch mehr aufzugreifen. Es waren 2 aktive Bregenzer Fans vor Ort (dazu noch ein Vorstand, der inzwischen auch schon den "alten" schwarz weissen Schal wieder hervorgeholt hat), wir verhielten uns in keiner Weise provokant, gingen auf keinerlei Provokation ein. Nach dem Hinspiel in der letzten Saison, vor mehr als einem Jahr, war noch ein Bus mit Fans gefahren. Damals ca zur Hälfte gefüllt mit Fussballfremden bzw. an Stimmung nicht wirklich intressierten Leute. Solche Fanbusse werden von der aktiven Szene inzwischen nicht mehr toleriert, und nachdem die Vorfälle von damals auch bis in die aktive Innsbrucker Szene vorgedrungen sind, haben auch diese sich vorgenommen, so etwas in ihrem Zuhause nicht zu tolerieren, das ist zu verstehen. Aber 2 friedliche Fans, die nichts anderes tun als ohne jede Art der Provokation ihre Stadt, Ihr Team und Ihre Farben zu vertreten nach Spielende unbedingt um ihr Fanmaterial erleichtern zu wollen, da fehlt mir und wohl jedem vernünftigen, alteingesessenen Aktivem das Verständnis dafür. Und wären es nur ein paar Jugendliche gewesen, die sich vor dem Rest der großen Innsbrucker Kurve beweisen wollten, hätte man es zwar nicht respektiert, aber die Beweggründe verstanden. In diesem Fall bleibt dann wohl nur der Verweis auf die Ultra Kultur. Eine Kultur der auch viele Bregenzer Anhänger und auch der Autor dieses Textes grundsätzlich folgt (Der Name einer Gruppierung allein lässt nicht gleich auf die Gesinnung schließen, wie auch nicht jede Aktion der Ultras Bregenz in der Vergangenheit automatisch mit dem "Ultra" Gedanken in Verbindung zu bringen ist). Die Medien verbinden mit dem Begriff Ultra grundsätzlich etwas Schlechtes. Dabei ist die Bedeutung, dieser in Italien geborenen Bewegung einzig und allein das "Mehr". Mehr als nur ein gewöhnlicher Fan zu sein. Seine Stadt, seinen Verein und seine Kurve überall zu vertreten, zu unterstützen, in Form von Choreographien, ausgefallenen Gesängen, Pyrotechnik(in geregelten Bahnen und nicht als Wurfgeschoss oder Waffe). Nicht nur 90 Minuten am Wochenende, sondern 24 Stunden, 7 Tage die Woche ein Teil des Vereins zu sein, auf Missentwicklungen in den Führungsebenen hinzuweisen, auf die Entwicklung in den Ligen, in den Verbänden aufmerksam zu machen (z.B. die 50+1 Regel in Deutschland). Wie es einer der führenden Köpfe der Ultras von Olympique Marseille einmal gesagt hat: Ultras sind die Wächter der Vereins (Im Gegensatz zur Hooligan Kultur, wo die Gewalt ganz klar im Vordergrund steht). Die Gewalt spielt im Grundgedanken quasi so gut wie keine Rolle. Und doch war es letzten Endes die Gewalt, die jetzt vorallem in Italien diese Bewegung in die Knie zwingt, die interne Konflinkte dieser Bewegung, mit denen man sich nie wirklich ausseinandergesetzt hat, und die vor 30 und mehr Jahren gegründete Gruppen sich selbst auflösen lassen. Und es war auch der Wille nach "Action", nach dem Extra Kick der einige aktive Personen der Innsbrucker Kurve die 2 mitgereisten Bregenzer nach dem Spiel in die Enge trieben lies, die die mitgebrachten Transparente forderten, den Spielerbus bedrängten. Der harte Kern von Rapid Wien hat sich nur zu Bruchteilen auf dem Rasen des Hanappi Stadions befunden, als der Spielabbruch beim Derby gegen die Austria Realität wurde. Es waren Mitläufer die die Bengalischen Feuer in den Gästeblock warfen, es waren diese Leute auf der Suche nach etwas Abenteuer, die einen friedlichen Platzsturm als reinen Ausdruck des Protest unmöglich machten und zum Futter für die Medien werden ließen, die diese Aktionen zu "Bürgerkriegsähnlichen Zuständen" hochstilisierten. Am Ende leiden alle darunter. Die Vereine mit den Mehraufwänden für die Sicherheit, die aktiven Fans die in der normalen Auslebung ihrer Kultur weiter beschränkt werden. Der Fussball selbst ist das endgültige Opfer. Sind es ein paar Schlägereien, Fahnenziehereien und ein kurzer Adrenalin Kick im Stadion wert, eine ganze Kultur aufgeben zu müssen und unseren Sport, den wir über alles Lieben, in seiner reinen Form langsam selbst zu Grabe zu tragen? Allein die geklauten oder gezogenen Fahnen in allen Formen, die man in Österreich und Deutschland in den letzten 3 Jahren zu Gesicht bekam, zeigen wie weit diese Entwicklung schon geht.

Und jetzt? Natürlich kann man sagen, was will schon ein Bregenzer dazu eine Meinung haben. Jemand der seit 11 Jahren Fan seiner Mannschaft ist. Niemals seine Farben verraten hat, immer kritisch zum Verein gestanden ist ihm aber gleichzeitig nie die Treue abgesprochen hat. Der aktive Fans sucht, antreibt, motiviert um gemeinsam Bregenz überall zu unterstützen und auch dabei ist, wenn sich sonst keiner dafür finden lässt. Manche würden sagen ich habe dazu kein Recht und ich reiße mein Maul viel zu weit auf. Andere würden sagen genau so einer sagt genau das, was vielen Aktiven und auch älteren treuen Fans ohne genauen Einblick in die Szene auf der Seele liegt, etwas über das viele der führenden Köpfe und jungen Möchtegerns sich einmal Gedanken machen sollten. Nicht wegen mir, nicht wegen den Medien, nicht wegen dem eigenen Verein, sondern wegen einer Kultur, die in ihrem Ursprungsland schon kurz vor dem Ende steht und deren Ende in unserer Gegend wir alle langsam heraufbeschwören. Bereits seit 20 Jahren wird diese Kultur in Innsbruck ausgelebt, wenn man sich nach dieser ganzen Zeit mit Aktionen wie heute beweisen muss, was ist noch von den Gedanken und Intentionen der damaligen Gründungsmitglieder übrig?

Für die Fan- und Ultrakultur - gegen die Selbstzerstörung!

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