Donnerstag, 18. August 2011

Übers Ziel hinausgeschossen... oder - Der reale Irrsinn!

Als Fan hat man heutzutage nicht gerade das leichteste Los gezogen. Was in den Medien in Championsleague Vorberichterstattungen als "südländische Stimmung" bezeichnet wird, stellt im österreichischen Liga Alltag sofort eine Ausschreitung und Ausübung von Gewalt dar. Schritt und Tritt vor, während und nach dem Spiel wird man gefilmt, und wenn mal irgendwas passiert stellen Medien und Öffentlichkeit dann lieber gleich einen ganzen Verein und all seine Fans an den Pranger anstatt die wirklich "Schuldigen". So geschehen am 6. August 2011 und in der Woche danach.

Wie reagiert man nun als Verein darauf, in dieser schwierigen Situation unter dem öffentlichen Druck und im Interesse seiner Sponsoren und Mitglieder.

Nun, 6 Tage nach dem "Vorfall" gabs vom Verein folgende Presseerklärung:

Wir, der Vorstand und die Spieler des Rivella SC Bregenz distanzieren uns mit aller Deutlichkeit von der kleinen Gruppe Randalierer, die einmal mehr versuchten, ein schönes Fußballfest für ihre Zwecke zu missbrauchen. Der Vorstand hat auf seiner gestrigen Sitzung als Konsequenz der Vorfälle des vergangenen Wochenendes einstimmig beschlossen, dass alle Personen, die aufgrund des vorhandenen Foto und Videomaterials ausgeforscht werden konnten, mit einem Stadionverbot belegt werden. Als weiteres Zeichen unserer Ablehnung der Vorkommnisse wird der Heimfansektor zumindest für die Herbstrunde komplett gesperrt bleiben. Chaoten sind existenzielle Bedrohung für jeden Sportverein



Der Rivella SC Bregenz ist die sportliche Heimat für über 300 Kinder und Jugendliche; auf unseren Heimspielen begrüßen wir regelmäßig zwischen 500 und 800 wahre Fans unseres Vereins. In den vergangenen sechs Jahren haben alle Beteiligten hart und viel daran gearbeitet, den Rivella SC Bregenz als wirtschaftlich gesunden, sportlich erfolgreichen Hauptstadtverein aufzubauen. Wir werden es nicht zulassen, dass ein kleiner Haufen unverbesserlicher Chaoten uns allen die Freude am Fußball nimmt. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie das Ansehen unseres Vereins derart beschädigt und die Arbeit der vielen ehrenamtlichen Helfer gefährdet wird.



Vernetzung und Zusammenarbeit mit allen Betroffenen



Wir möchten noch darauf hinweisen, dass es sich bei derartigen Vorfällen um ein Phänomen handelt, mit dem sich leider viele Fußballvereine im In- und Ausland befassen müssen. Wir werden künftig noch mehr versuchen, uns hier zu vernetzen, um gemeinsam mit Betroffenen und auch der Exekutive Lösungen zu finden.



Abschließend erlauben wir uns auch eine Kritik an der Form der Berichterstattung in den Vorarlberger Medien zu diesem Vorfall.

Mehrfach wurden in diesem Zusammenhang unrichtige Informationen veröffentlicht und generell in der Aufmachung der Eindruck erweckt, es habe sich hier um massive Ausschreitungen gehandelt. Wir bitten Sie ihrer Verantwortung gerecht zu werden und sich im Klaren darüber zu sein, welche Konsequenzen diese Form der Berichterstattung für die Betroffenen hat.

Wir stellen hiermit nochmals klar:



• Weder vor, während noch nach dem Spiel hat es im Stadion Ausschreitungen oder gewalttätige Vorfälle gegeben. Überhaupt hat es seit der Gründung des Rivella SC Bregenz keine Ausschreitungen im Stadion gegeben.



• Es kam nach dem Spiel zu keinen Ausschreitungen oder Schlägereien vor dem Stadion. Die Exekutive hat hier sehr schnell und professionell reagiert und die Chaoten an der Umsetzung ihrer gewalttätigen Pläne gehindert.



• Es gibt keine Anzeigen wegen strafrechtlicher Delikte; zwei Personen wurden kurzfristig wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt festgenommen – gegen 7 weitere Beteiligte gibt es Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten und Verwaltungsübertretungen.



• Nach Auskunft der Polizei gab es keine Verletzten.



• Die genannten und gezeigten Personen sind keine Fans des Rivella SC Bregenz. Es handelt sich hier um eine Gruppe unverbesserlicher Randalierer, die das Cup Spiel als Anlass genommen haben.



• Im Vorfeld des Spiels fanden Gespräche mit Vertretern aller Gruppen statt, deren Ergebnis gemeinsam mit den Erfahrungen der vergangenen Monaten dazu geführt hat, dass wir uns entschieden haben, dieser Personengruppe den Zutritt zu Stadion zu gewähren. Wir mussten leider feststellen, dass den Versprechungen der Chaoten leider kein Glauben geschenkt werden kann.



• Zu keinem Zeitpunkt waren die Besucher des Spiels durch die Vorfälle gefährdet, es kamen auch keine unbeteiligten Personen zu Schaden.



• Gut 2.500 wahre Fußballfans, darunter zahlreiche Austria Lustenau Anhänger, sorgten bei diesem Spiel für eine tolle Stimmung.





Auch noch erwähnenswert der Text auf der Titelseite der Stadionpost. Nach einer Erzählung über die schlimmen Zustände in England in den 1980er Jahren, einer kurzen Erwähnung der Vorfälle beim Wiener Derby und dem Satz "wie damals in England sind Gesetzesverschärfungen und gleichzeitig auch die Ausweitung der Polizeigesetze gefordert. Auch ein grenzüberschreitender Informationsaustausch zwischen den Vereinen und Polizeistationen wird notwendig sein." heißt es darin in den beiden letzten Absätzen:

Der SC Bregenz hat sich und wird sich auch immer von jeglicher Art der Gewalt und Extremismus distanzieren. Als Konsequenz aus den Vorkommnissen erteilt der SC Bregenz allen an den Ausschreitungen beteiligten Personen ein dauerhaftes Stadionverbot.

Wir lassen uns "die schönste Nebensache der Welt" nicht kaputtmachen!

Wer, wie ich und der großteil des Rests des gemeinen Volks des Lesens mächtig ist fasst danach nochmal zusammen:
  • Der Verein hat die Schuldigen ausgeforscht und als eine "kleine Gruppe Randalierer" betitelt und gibt Ihnen als Folge dessen Stadionverbot. Diese kleine Gruppe stellt demnach den gesamten Fansektor, weil dieser auch vorerst bis zum Ende der Herbstsaison geschlossen bleibt.
  • Auch in der Stadionpost heißt es nochmal "allen an den Ausschreitungen beteiligten Personen". Waren alle an den Ausschreitungen beteiligt?
Jetzt wird es etwas kompliziert, denn:
  • Der Verein kritisiert abschließend die Medien, die den Eindruck erwecken es hätten "massive Ausschreitungen" stattgefunden. Medienhaus und Co haben damit auch die Konsequenzen für die "Betroffenen" zu verantworten. Dass hierbei auch die Fans "Betroffene" sind wird natürlich nicht bedacht, Opfer durch die Medien ist hier allein der Verein.
  • Der Verein stellt klar, dass im Stadion bei diesem Spiel und auch sonst "nie etwas vorgefallen ist" und dass es "zu keinen Schlägereien oder Ausschreitungen vor dem Stadion kam". Dann konnte also de facto auch niemand an Ausschreitungen beteiligt sein, wenn es doch keine gab?!
  • Der Verein stellt klar dass "Es keine Anzeigen wegen strafrechtlicher Delikte gab; zwei Personen wurden kurzfristig wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt festgenommen – gegen 7 weitere Beteiligte gibt es Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten und Verwaltungsübertretungen" Mit 2 Rechtsexperten im Verein ist es komisch, dass Widerstand gegen die Staatsgewalt nicht als strafrechtliches Delikt genannt wird. Die Verwaltungsstrafen betreffen ausschließlich Pyrotechnik, die in geregelten Bahnen gezündet und auch zu keiner Spielunterbrechung oder Strafe für den Verein geführt hat. Abgesehen davon entspricht auch diese Aussage keinen "massiven Ausschreitungen" wie von den Medien präsentiert.
  • "Nach Auskunft der Polizei gab es keine Verletzten"
Soviel zu den Fakten, die uns der Verein präsentiert. Und was sind jetzt die wahren Schlüsse, die der Verein daraus zieht? Ganz logisch:

Stadionverbot für alle Fanklubmitglieder und Sympathisanten, egal ob beim Spiel bzw. danach anwesend oder abwesend!!!!
Klingt unlogisch? Nicht nur für euch!
Hier noch der Inhalt der dazugehörigen Email:



Hallo zusammen,
auf Grund Ihres aktiven Mitwirkens an den Ausschreitungen beim Samsung - Cup - Spiel gegen Austria Lustenau, machen wir von unserem Hausrecht Gebrauch und verhängen gegen die Mitglieder und Sympathisanten Ihrer "Fanclubs" für alle Spiele und Veranstaltungen unseres Vereines ein Stadionverbot bis auf Widerruf.



Mit Ihrem inakzeptablen Verhalten haben Sie den Ruf des Rivella SC Bregenz massiv geschädigt.



Bei Missachtung des Stadionverbotes werden wir gegen Sie gerichtlich vorgehen.





Es ist für uns nicht nachvollziehbar, dass all die persönlichen Gespräche offensichtlich nicht gefruchtet haben, sodass wir auf Grund Ihres rufschädigenden Verhaltens diese Maßnahme ergreifen mussten.



Mit sportlichen Güßen





Rivella SC Bregenz
Vorstand

Tja, da ist man doch erstmal Baff.
 
Anstatt, wie übrigens erst seit Anfang der letzten Saison in Bregenz praktiziert, die wirklich Schuldigen mit Stadionverbot zu belegen, packt man wieder den Holzhammer aus und hofft auch die Richtigen "mit"zutreffen. Werden die 7 Personen mit Anzeigen ausgesperrt, hätte man es verstanden. Auch wenn man, angesichts des medialen Drucks, die knapp 25 Personen, die sich direkt nach der Verabschiedung der Mannschaft vors Stadion begeben haben und dann hinter einer Polizeikette "gröhlten und pöbelten" mit Stadionverboten belegt (wie auch vom Verein in den Presseerklärungen beschrieben) hätte man es zumindest hingenommen. Aber diese "Lösung" spottet jeder Beschreibung.

Stadionverbote sind allgemein keine wirkliche Lösung, aber bei großen Spielen mit vielen "Fremden" im Stadion, die weder die Szene Bregenz noch den Bregenzer Fussball in irgendeiner Art und Weise respektieren oder unterstützen und nur an etwas "Action" interessiert sind eine logische Konsequenz. Der Szene angehörige Stadionverbotler bekamen im letzten Jahr die Möglichkeit ihr handeln zu erklären und unter Umständen nach einem halben Jahr auf Bewährung zurück ins Stadion zu kommen, so setzte auch vorallem bei den jüngeren ein Lernprozess ein.

 
Die Vergangenheit zeigt, dass sich durch die pauschalen Strafen rein an Gewalt Interessierte mit dem Rest gemeinsam ungerecht behandelt fühlen, es wird nichts besser. Nach einem Jahr ist der mediale Druck verflogen, man kontrolliert und exekutiert das pauschale Verbot nicht mehr, alle sind wieder im Sektor und Keinen interessierts. Bis dann wieder etwas passiert...
 
 
Erwartete man auf Fanseite vom restlichen Bregenzer Publikum aufgrund der einseitigen Berichterstattung und der vom Verein verschwiegenen Totalaussperrung keine Solidarität wurde man sehr positiv überrascht. In Bregenz als Allesfahrer aber gleichzeitig als nicht an Gewalt Interessierter bekannt war die Verwunderung groß mich und andere vor den Stadiontoren zu erblicken. Da wurde der Kontakt gesucht, die wahre Geschichte erzählt. Auch die Mannschaft zeigte sich absolut solidarisch mit den Fans. Vor dem Spiel noch der Hinweis eines Vorstandsmitglieds, dass mein "Verhalten" auch mein Stadionverbot verlängern könnte. Freie Meinungsäusserung als Grund für ein Verbot wäre mal was Neues, zumindest in Österreich. Beim aufwärmen und während dem Spiel zeigte die Mannschaft immer wieder in unsere Richtung, doch nach dem Spiel wurde Ihr der Gang zu den Fans hinter der Absperrung von einem weiteren Vorstandsmitglied verweigert. Horrorgeschichten über den Verfasser dieser Zeilen wurden mit der Mannschaft geteilt, das Zeichen gegen Gewalt dürfte jetzt nicht von einer sich von (vermeindlichen) Gewalttätern verabschiedenden Mannschaft getrübt werden.

Nach dem Match weitere ungläubige Blicke. Eine Gruppe von Jugendtrainern und Fans stellte demonstrativ einige Stehtische vor das Stadiontor und tauschte sich mit den Ausgesperrten aus.

Jetzt darf sich jeder selbst eine Meinung bilden, Fakten wurden klargestellt bzw. die vom Vorstand aufgezählten Fakten und daraus resultierenden Verbote gegenübergestellt. Sie sitzen am längeren Hebel, können quasi machen was sie wollen. Die Wogen, die diese Entscheidung noch schlagen wird, könnten allerdings höher ausfallen als der Vorstand sich je hätte träumen lassen. Denn die Wahrheit kommt unterm Strich immer noch ans Licht.

NEIN zum Bregenzer Weg - gegen Pauschalisierung und Vorverurteilung von Fans!


Hoffen wir, dass dieses Vorgehen nicht zur neuen Mode des modernen Fussballs wird und die bereits vorhandene Repression auf ein neues Level anhebt.

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